Im Yoga legen wir nicht nur Wert auf Asana (Körperstellungen) und Pranayama (Atemtechniken), sondern gleichfalls auf Reinigungspraktiken. Die in den alten Yoga Upanishaden beschriebenen Hatha-Yoga-Techniken dienen dazu, das Ziel des Hatha Yoga zu erreichen – die Harmonisierung der zwei wichtigsten Prana-Ströme (Lebensenergieströme) im Körper: Ida und Pingala (körperliche und mentale Ebene). Diese Harmonisierung dient zur Vorbereitung auf höhere meditative Praktiken. Zusätzlich gleichen diese Reinigungstechniken die drei Doshas (Körpersäfte) aus – Kapha (Schleim), Pitta (Galle) und Vata (Wind).
Die Shatkarmas
Hatha Yoga bestand ursprünglich nur aus 6 Reinigungsechniken, den Shatkarmas. Shat bedeutet „sechs“ und karma bedeutet „Handlung“. Der Körper und seine verschiedenen Hohlräume (Rachenraum, Bauch etc.) werden systematisch gereinigt, um so zu physischer und mentaler Gesundheit beizutragen.
Alle Techniken sollen anfänglich nur unter Anleitung eines in ihnen erfahrenen Yoga-Lehrers durchgeführt werden.
- Neti: Nasenreinigung, durch Jala Neti und Sutra Neti
- Dhauti: Reinigungstechniken, die in drei Gruppen unterteilt werden
- Antar Dhauti (innere Reinigung des gesamten Verdaungskanals vom Mundbis zum Anus) unterteilt sich in 4 Gruppen:
- Purna Shankaprakshalana (varisara dhauti) und Lagu Shankaprakshalana, oder Reinigung des Darms;
- Agnisar Kriya (vahnisara dhauti), das Aktivieren des Verdauungsfeuers;
- Kunjal (vaman dhauti), Reinigung des Magens mit Salzwasser;
- Vatsara Dhauti, Reinigung des Darms mit Luft.
- Sirsha Dhauti (Reinigung des Kopfraumes, auch Danta Dauti),
- Hrid Dhauti (Rienigung des Brustraumes).
- Antar Dhauti (innere Reinigung des gesamten Verdaungskanals vom Mundbis zum Anus) unterteilt sich in 4 Gruppen:
- Nauli: Massage und Kräftigung der Bauchmuskeln
- Basti: Darmreinigung und Aktivierung
- Kapalbhati: eine Atemtechnik zur Reinigung des vorderen Schädelbereichs (Raum hinter der Stirn)
- Trataka: Der Blick wird auf einen Punkt oder ein bestimmtes Objekt gerichtet, um die Konzentrationsfähigkeit zu fördern.
Jala Neti – Nasenreinigung mit Salzwasser
Jala Neti ist eine Reinigungstechnik, die die nasalen Wege mit körperwarmem isotonischem Salzwasser spült. Sie ist, neben vielen sonstigen positiven Wirkungen, für das Praktizieren der Pranayama-Techniken essentiell, da die nasalen Atemwege geöffnet werden. Sie kann täglich durchgeführt werden.
- ein Neti Lota – Neti-Kännchen aus Keramik, giftstoffefreiem Plastik oder Metall. (Neti-Lota-Empfehlung: Yogi´s NoseBuddy oder SteloKleen Steel Neti Pot)
- Leitungswasser – Körpertemperatur
- Salzlösung: einen Teelöffel Meersalz oder jodidfreies Qualitätsalz auf 1/2 Litter Wasser, gut verrührt.
Die Zugabe von Salz ist sehr wichtig, da so der osmotische Ausgleich mit den Körperflussigkeiten aufrecht erhalten wird.
Durchführung der Technik
Wir lassen bei schräggestelltem Kopf das Wasser aus der Tülle des Kännchens zum einen Nasenloch hineinlaufen und zum anderen wieder heraus. Begonnen wird meist mit dem rechten Nasenloch – falls dieses nicht völlig verlegt ist, z.B. bei Schnupfen. Bei der Schrägstellung des Kopfes ist ein wenig Experimentieren notwendig, da das Wasser gewöhnlich erst bei einer bestimmten Kopfhaltung zu rinnen beginnt. Die Atmung geschieht entspannt durch den Mund, auch der Rachenraum ist zur Gänze entspannt. Es gibt nichts zu „tun“ oder innerlich zu stellen dabei, das Wasser sucht sich seinen Weg allein. Ist das Kännchen (250 ml) zur Hälfte leer, wird das Nasenloch gewechselt und damit die Richtung des Wasserflusses. Wurde das Kännchen geleert, werden abschließend Nase und Nebenhöhlen von Wasserrückständen befreit.
Wann kann Neti praktiziert werden?
Am besten praktizieren wir Neti täglich auf nüchternen Magen, z.B. morgens nach dem Duschen, vor der täglichen Yoga-Praxis und jedenfalls noch vor dem Frühstück. Falls es, wegen einer Verkühlung oder aus anderen Gründen, täglich mehrmals praktiziert werden soll, sollte dies auf leerem Magen geschehen.
Wirkung
Auf körperlicher Ebene:
Neben einem natürlich sanften Abtragen von Schleim und Verunreinigungen aus Nasenwegen und Nebenhöhlen, beugt Jala Neti auch Verkühlungen und Erkrankungen des Atemtrakts vor. In den folgenden Fällen kann es Erleichterung und Linderung verschaffen: bei Nasenschleimhautentzündungen, Allergien (Heuschnupfen), Asthma, Sinusitis, Bronchitis, Lungenentzündung, Lungentuberkolose, sowie bei verschiedenen Störungen der Ohren (bestimmte Arten von Taubheit sowie Verstopfung), der Augen (Kurzsichtigkeit) und des Halses (Mandelentzündung, Entzündung der Rachenpolypen und der Schleimhäute).
Jala Neti kann zur Lösung von Muskelverspannungen im Gesicht beitragen sowie nervöses Muskelzucken mindern, es hilft bei der Behandlung von Migräne, Epilepsie und Tinitus; es hat einen kühlenden, beruhigenden und aktivierenden Einfluss auf das Gehirn und verbessert das allgemeine Wohlbefinden.
Die Übung wirkt ausgleichend auf den Energiefluss der beiden Nasenwege sowie die rechte und linke Gehirnhälfte. Infolgedessen wird der ganze Körper und besonders jene Systeme, die für die Zirkulation und Verdauung verantwortlich sind, ins Gleichgewicht gebracht.
Auf psychischer Ebene:
Mindert Ängste, Depressionen, Schläfrigkeit und Ärger. Der Kopf fühlt sich frisch und leicht an.
Auf spiritueller Ebene:
Jala Neti trägt zur Stimulierung der Ajna Chakra (Stirnchakra) bei.
Einschränkungen:
- Bei chronischem Nasenbluten ist diese Übung ungeeignet.
- Kinder: Jala Neti ist auch für Kinder geeignet, wobei es von großer Wichtigkeit ist, dass sie in die Übung sanft und sensibel eingeführt und bei der Durchführung begleitet werden.
Wir bieten aktuell Workshops zu Jala Neti in 1090 Wien an.
Literatur:
Swami Satyananda Saraswati, A Systematic Course in the Ancient Tantric Techniques of Yoga und Kriya, Yoga Publication Trust 2006, Munger, Bihar, India
Swami Satyananda Saraswati,Asana, Pranayama, Mudra, Bandha, 3. deutsche
Auflage, Yoga Publication Trust, 2007, Munger, Bihar, India
Links:
Neti-Links-Sammlung auf Yoga Magazine
Shatkarmas auf Yoga Magazine